In meinem ersten Aufruf habe ich davon gesprochen, dass die Idee des dauerhaften Housesittings für mich auch eine wichtige Nachhaltigkeitskomponente hat.
Daraufhin erreichten mich von Euch einige Fragen, was Housesitting mit Nachhaltigkeit zu tun hat?
Daher hier meine Gedanken dazu:
In der Tat ist Nachhaltigkeit in diesen Tagen in aller Munde und scheinbar alle verstehen darunter ein bisschen was anderes.
Im Zusammenhang mit dem Housesitting kommt Nachhaltigkeit für mich dort in drei Dimensionen zum Tragen:
Klassischerweise geht es bei diesem Begriff darum, nicht mehr Ressourcen zu verbrauchen, als nachwachsen können. Aber gerade der Bausektor ist in Deutschland ein sehr ressourcenintensiver Sektor, die wir für den Bau immer neuer Wohnungen und Häuser verbrauchen. Daher finde ich es erstrebenswert, über kreative Lösungen nachzudenken, den bestehenden Raum so effizient wie möglich zu nutzen.
Außerdem nimmt der im Durchschnitt genutzte Platz in unseren Wohnungen und Häusern pro Person scheinbar immer mehr zu. Während wir im Jahr 1991 noch mit 34,1 m² auskamen, hat von uns heute jeder im Durchschnitt 47,4 m² - pro Person.
Völlig Verrückt.
Und was machen wir mit dem „gewonnenen“ Platz? Wir stellen ihn mit Dingen zu, von denen uns erzählt wird, dass wir sie brauchen würden, um dazuzugehören oder um erfolgreich sein zu können. Obwohl sie uns langfristig oft nicht glücklicher machen.
Und auch jedes einzelne dieser Stücke verbraucht globale Ressourcen, die Stand heute in den allermeisten Fällen noch nicht adäquat wiederverwendet werden können. Wenn ich aber einen Koffer dabei habe, wo ich nur diejenigen Sachen mitnehme, die mir wirklich lieb und teuer sind und ich daher viel bewusster darauf achte, was ich wirklich brauche und was auch alles nicht, dann ist das für mich nachhaltig.
Ein bewusster Umgang mit unseren gemeinsamen Ressourcen. Anders, als viele Menschen glauben mögen, geht es dabei keinesfalls um um Verzicht, dass dieses Gefühl von Mangel hinterlässt. Das Gegenteil ist korrekt. Es ist ein Verzicht auf Ballast. Jede und jeder, der schon mal umgezogen ist weiß, Besitz belastet.
Mir ist bewusst, dass ich gleichzeitig je nach Haus oder Wohnung, auf die ich aufpasse, mehr Energie benötige als in meiner jetzigen Wohnung und das ich auch die ein oder andere Strecke mehr fahren werde, um zu den entsprechenden Orten zu gelangen. Hier werde ich versuche diese Mehrkosten im Auge zu behalten und zu schauen, was unterm Strich langfristig wirklich nachhaltiger ist, denn auf der anderen Seite würde hier eine Wohnung frei, die nicht neu gebaut werden müsste, weil ich ebenfalls Platz nutze, der bereits vorhanden ist.
Und ganz nebenbei habe ich das Gefühl, dass in einer Zeit von Überfluss der Fokus auf die für mich wirklich wichtigen Dinge mir sehr viel Leichtigkeit und Freiheit schenkt und mir ein glückliches Leben ermöglicht.
Es dreht sich hierbei also nicht nur um Nachhaltigkeit im Umgang mit Ressourcen und allein materielle Dinge, sondern auch um die Frage, was macht mich nachhaltig zufrieden?
Wen und was möchte ich dauerhaft in meinem Leben haben, und was auch nicht? Welche Kleidung, welche Bücher, welche Gegenstände aber auch welche Menschen, welche Handlungsmuster und Denkgewohnheiten möchte ich in mein Leben integrieren? Welche Art von Bindungen möchte ich, damit es mir langfristig und nachhaltig gut geht. Bindungen, die nach-halten.
Also auch hier ein bewusster Umgang mit meinen mir wichtigen Menschen und dazu gehört auch ein bewusstes Verzichten auf Bindungen, die nicht gut tun. Der Verzicht auf den Versuch, Erwartungen von Menschen zu erfüllen, die eigentlich für mein persönliches Lebensglück nicht wichtig sind. Auch das macht frei und glücklich im Kopf.
Hier zeigt sich dann, inwiefern Nachhaltigkeit auf der materiellen Ebene schnell zu einem Thema der Persönlichkeitsentwicklung wird. Aber dazu werde ich nochmal einen gesonderten Beitrag schreiben. Es geht mir darum, Nachhaltigkeit ganzheitlicher zu denken, und es nicht nur auf einzelne Lebensbereiche zu beschränken.
Zu dem Thema Minimalismus habe ich noch einen inspirierenden Filmtipp:
"Minimalism: A Documentary about the Important Things."
Und ein letzter Punkt, der für mich im Zusammenhang mit diesem Wohn-Experiment eine erhebliche Rolle spielt, ist das Thema der finanziellen Selbstbestimmung. Auch in Sachen Geld spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle. Mir ist nicht egal, was ich mit meinem Geld unterstütze. Ich möchte in einem größtmöglichen Maß selbst darüber entscheiden können, was mit meinem Geld passiert. Wenn ich aber ein Drittel oder mehr meines Gehaltes meinem Vermieter geben muss, habe ich über ein Drittel meines erarbeiteten Gehaltes kein Mitbestimmungsrecht, wofür dieses Geld unterm Strich ausgegeben wird, sondern helfe in den meisten Fällen anderen dabei, ihre Kredite auf Häuser abzubezahlen, die ihnen faktisch gesehen in vielen Fällen selbst noch nicht einmal gehören. Stattdessen möchte ich (nachdem ich meinen BaföG-Schulden abbezahlt habe), mich intensiv mit nachhaltigen Geldanlagen auseinandersetzen und mein Geld dort anlegen, wo es für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft für alle wirklich gebraucht wird.
In einer Welt von Überfluss und Überangebot ist der Fokus auf das, was mir wirklich am Herzen liegt und der Fähigkeit, zu allem anderen herzlich aber bestimmt nein sagen zu können, der Schlüssel zu einem erfüllten Leben in stiller Lebensfreude und Glück.
Und sollte es darum nicht gehen am Ende des Tages? Um die Frage, was uns wirklich glücklich macht?
Weniger Zeug, mehr Zeit ist da meine Devise
Lasst es euch gut gehen und habt einen schönen Abend
Eure Alex
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